Mahnung zum 27. Januar 2022

Die Zeit, wenn auch vergangen,

bleibt starr für immer steh'n

für Seelen, die gefangen,

nie frei, ihr zu entgeh'n.

 

Das Licht in ihren Blicken,

es ist für immer fort,

die letzte Mahnung schicken

sie aus der Hölle dort.

 

Auch jede nächste Seele

es neu in sich erlebt,

dass es sie weiterquäle

und weiter in ihr bebt.

 

Was bleibt, ist nur Versöhnen,

um endlich los zu sein

des Traumas stilles Dröhnen,

sich selbst so zu befrei'n!

 

Die Urheber hingegen,

vom nackten Hass regiert,

versanken auf den Wegen,

wo man sein Selbst verliert,

 

so dass, was einst geschehen,

Verstand niemals ergreift,

dem Zugriff kann entgehen

der Hass, der wieder reift…

 

Den Hass im Selbst zu finden,

die Krankheit aller Zeit,

ihn dann zu überwinden,

wer ist dazu bereit?

 

Als fremd ihn zu erleben,

des Fremden Widerschein,

wird neue Kraft ihm geben,

muss ewig dies so sein?

 

Ich wollt' mein Leben weihen

allein der Liebe Kraft,

doch will es nicht verzeihen,

hab' selbst es nicht geschafft.

 

Es war die letzte Mahnung,

oh, Welt, so horche auf,

gib Gott, die dunkle Ahnung

zieht doch nicht neu herauf!

 

(28.01.2022)

 

Siehe auch: Mahnung zum 27. Januar 2024

 

Anmerkung: Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der roten Armee befreit, in dem bis zu 1,5 Millionen Mitmenschen auf nie dagewesene Weise systematisch und industriell organisiert ermordet wurden. Die wenigen Überlebenden wurden zwar körperlich frei, doch blieben bis in die heutigen Generationen Gefangene des Traumas. Es ist dabei für mich kein Trost zu sehen, dass auch die Täter ihre Schuld an die nächsten Generationen weitergereicht haben, da dieser unmenschliche Hass vom Bewusstsein nicht gefasst werden kann und so überall wieder aus seinen eigenen Abgründen neu ersteht. Daher fürchte ich vor allem das, was die Psychologie die "Rückkehr des Verdrängten" nennt…