Zum 8. Mai

So lange war der 8. Mai

ein Feiertag – wir wurden frei!

Der Wahnsinn schien nun überwunden,

die Schuldigen war'n auch gefunden,

mit denen, das war völlig klar,

man niemals einer Meinung war.

 

Was wohl die Zukunft bringen mag,

mit dem, was in uns allen lag?

Das Volk war doch mit denen gleich,

die kurz zuvor noch "Drittes Reich"!

Wohin nur ist der Hass entschwunden,

hat denn auch er den Tod gefunden

wie all die Menschen, die Millionen,

auf deren Gräbern wir hier thronen?

 

Der Wahn, der Hass, er musste weichen,

tief in das Herz, nicht zu erreichen,

dort gärte er jahrzehntelang,

der Wiederaufbau kam in Gang...

 

...und achtundsechzig wollt' man stechen

in dieses Wespennest und brechen

mit dem, was allzu gern verdrängt

und so erst unser Handeln lenkt.

 

Erstickt wurd' der Protest im Keim,

ein Nestbeschmutzer, wer sein Heim

auf diesem Weg diskreditierte

und an der braunen Scheiße rührte.

 

So konnte die ganz langsam quellen,

mal rechts, mal links von Mauerwällen,

und als die Dämme endlich brachen,

sich auf den "Heim-ins-Reich"-Weg machen.

 

Ein Dämon, den der Mensch verjagt,

uns siebenfach bald wieder plagt!

So tun, als hätt's ihn nicht gegeben,

den 8. Mai froh zu verleben,

das konnte nie die Rettung sein,

doch wer das sagt, der steht allein.

 

Die Honigbienen sind verschwunden,

die Killerwespen uns umrunden,

von rechts und links, von unten, oben,

verspritzen Gift in krausem Toben.

Die Augen sind uns zugequollen,

mit denen wir nicht sehen wollen,

doch feiern wir den 8. Mai

und glauben nur, wir seien frei...

 

 

(08.05.2021, überarbeitet 27.01.2024)