Wer hat zum Steuerbogenformular |
den Text erfunden? |
Ob der in jenen Stunden, |
da er dies Wunderwirr gebar, |
wohl ganz --- oder total --- war? |
Du liest den Text. Du sinnst. Du spinnst. |
Du grinst - "Welch Rinds" - Und du beginnst |
wieder und wieder. Eisigkalt |
kommt die Vision dir "Heilanstalt". |
Für ihn? Für dich? - Dein Witz erblaßt. |
Der Mann, der jenen Text verfaßt, |
was mag er dünkeln oder wähnen? |
Ahnt er denn nichts von Zeitverlust und Tränen? |
Wir kommen nicht auf seine Spur. |
Und er muß wohl so sein und bleiben. |
Auf seinen Grabstein sollte man nur |
den Text vom Steuerbogen schreiben. |
Man kennt das Steuerformular, |
doch weiß nicht, wer's erfunden… |
Und hat selbst nie gefunden |
den Sinn, der tief verborgen war, |
in Lückenfelder großer Schar. |
Man liest den Text, lacht unbedacht, |
doch dessen Macht sich bald entfacht! |
Versteht es meist mehr schlecht als recht, |
das Paragraphen-Schlinggeflecht. |
Für wen, von wem wurd' es erdacht, |
hat der sich einen Spaß gemacht? |
Wie zwanghaft muss ein Mensch nur sein, |
dem solcherlei fällt einfach ein? |
Auf seinem Grabstein sollte stehen, |
dass er außergewöhnlich war |
und, wie im Steuerrecht zu sehen, |
dann als Belastung absetzbar. |
(08.10.2022) |
Das Original in der ersten Spalte stammt von Joachim Ringelnatz (1883 - 1934).