Schlachtgesang (K. W. Ramler)

Auf, tapfre Brüder, auf in's Feld!
Gerecht ist unser Krieg;
Uns führet Deutschlands größter Held:
Uns folget Ehr' und Sieg.
 
Ihr Feinde zittert! unser Heer
Hat Kriegeskunst und Muth,
Ist schneller mit dem Mordgewehr,
Und hegt der Väter Blut.
 
Wir streiten noch den alten Streit:
Ein Mann verjaget vier.
Wir fragen nicht, wie stark ihr seyd;
Wo steh'n sie, fragen wir.
 
Auf, Brüder, schlagt den stolzen Feind,
So kehrt ihr früh zurück:
Wer starb, wird dann mit Recht beweint,
Wer lebt, hat Ruhm, und Glück.
 
Der Knabe wünscht sich seinen Stand,
Das Mädchen blickt ihn an:
"Der schützt als Krieger unser Land,
Der schütz' auch mich als Mann!"
 
Hört ihr der Stücke Donnerschlag,
So grüßt ihn mit Gesang;
Euch lohnet diesen einen Tag
Der Friede lebenslang.
 
Die Kugel treffe, wer sich bückt
Und scheu zurücke fährt!
Und wer zur Flucht den Fuß nur rückt,
Deß Nacken treff' ein Schwert!
 
Nein! eh' ich fliehe, stürz' ich hin
Mit Waffen in der Hand.
Seyd Rächer, wenn ich treulos bin,
Gott, König, Vaterland!

Schlachtenabgesang

"Auf, tapfre Brüder, auf in's Feld!"…
ruft lüstern ihr zum Krieg:
Der Arme ehr- und ruhmlos fällt,
der Börsenkurs nur stieg.
 
Ihr Feinde zittert! unser Heer…
kämpft kaum, doch exportiert
den Panzer und das Sturmgewehr,
die Menschlichkeit verliert.
 
Wir streiten noch den alten Streit…
Ach, das allein ist wahr!
So geht's in alle Ewigkeit,
macht Menschsein offenbar.
 
Auf, Brüder, schlagt den stolzen Feind…
im Innersten beginnt!
Was außen ihr zu sehen meint,
verfliegt wie Staub im Wind.
 
Der Knabe wünscht sich seinen Stand…
So schützt er Frau und Kind?
Ist der, den ihr als "Feind" benannt
aufs Gleiche nicht gesinnt?
 
Hört ihr der Stücke Donnerschlag?...
Ja leider, immerzu!
Ich wünschte mir nur einen Tag,
an dem die Welt hätt' Ruh'!
 
Die Kugel treffe, wer sich bückt…
Noch schlimmer als der Feind
scheint, wer mit Frieden sich begnügt,
mit Brüdern sich vereint.
 
Nein! eh' ich fliehe, stürz' ich hin…
zur eignen, ew'gen Schand'!
Die Selbstbestrafung dann im Sinn

für Gott und Vaterland!

 

 

(02.09.2022)


Das Original in der ersten Spalte stammt von Karl Wilhelm Ramler (1725 - 1798).