Widmung (Karl May)

Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht,
ob dort in jenen Fernen
die Liebe mein gedacht.
Da kam ein Strahl hernieder,
hell leuchtend, in mein Herz
und nahm all meine Lieder
zu dir, Gott, himmelwärts.
 
Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht,
warum in jene Fernen
er sie emporgebracht.
Da kam die Antwort nieder:
»Denk nicht an irdschen Ruhm;
ich lieh dir diese Lieder;
sie sind mein Eigentum!«
 
Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht:
»Gilt dort in jenen Fernen
auch mir die Himmelspracht?«
Da klang es heilig nieder:
»Du gingst von hier einst aus
und kehrst wie deine Lieder
zurück ins Vaterhaus!«

Widmung an die Sterne

Auch ich die Sterne fragte
in einer dunklen Nacht,
in das ihr Licht nicht ragte,
ob sie an mich gedacht.
Kein Strahl kam da von ihnen
und gar nichts wurde hell,
doch was ich fühlte innen,
das nahmen sie mir schnell.
 
Auch ich die Sterne fragte
in einer dunklen Nacht,
darauf ich mich beklagte,
dass sie es fortgebracht,
was mir so viel bedeutet
in dieser dumpfen Welt,
die sich von neuem häutet,
egal, ob's mir gefällt.
 
Auch ich die Sterne fragte
in einer dunklen Nacht,
doch nur ein Stern mir sagte,
es wäre bald vollbracht.
Ein Dichter hier auf Erden,
der kann niemals besteh'n,
zum Stern muss selbst er werden,

um zu ihnen zu geh'n...

 

 

(03.07.2022)


Das Original in der ersten Spalte stammt von Karl May (1842 - 1912).