Das Land – es ruht so grün und weit
bis fern zum blauen Rand,
und dort beginnt Unendlichkeit,
an die es sich einst band.
Ein warmer Duft steigt hoch empor
aus Blumen, Holz und Sand,
er lockt Erinnerung hervor,
bleibt selbst doch unerkannt.
Er streichelt zärtlich übers Gras,
das sich im Winde wiegt,
von Silbertau ist es noch nass,
der auf den Hälmchen liegt.
Die weißen Wolken sehen zu
und türmen sich entzückt,
ein tiefes Blau schenkt ihnen Ruh',
die sie der Welt entrückt.
Inmitten all der Herrlichkeit,
da steht aus altem Stein,
verwittert von der Ewigkeit –
ein Brunnen mag es sein…
Sein Inneres, schwarz wie die Nacht,
umrankt von wildem Wein,
in seiner Tiefe gut bewacht,
was einmal fiel hinein.
Die Luft steht still an jenem Ort,
die Wolken werden bleich,
der Duft verflüchtigt sich von dort,
entzieht sich seinem Reich.
Ein Tautröpfchen nur stürzt hinab
und wird verschluckt sogleich,
gibt seinen Silberschimmer ab –
von unten tönt Gekreisch…
Es will zurück und krallt sich fest
an modrig glatter Wand,
erschöpft es sich dann fallen lässt
in unerforschtes Land.
Es pocht und rauscht und wogt und schlägt,
Erinnerung entschwand,
die Angst vor Dunkelheit nun schreckt,
die sich ins Herz gebrannt.
Der Raum wird eng, die Zeit wird knapp,
der Hoffnungsgeist entfliegt,
der Brunnen wird, wie's scheint, zum Grab,
in dem das Licht versiegt.
Ein Strudelsog im Brunnenloch
den Rest schon bald zerdrückt,
trotzdem lebt dieser immer noch,
so dass ein Schrei ihm glückt!
Das Lebenswasser fließt dahin
aus jenen Innerei'n…
Was ist der Zweck, der höh're Sinn
der abgrundtiefen Pein?
Nun wieder leer der Brunnen dort
steht wartend und allein,
als allen Lebens ew'ger Hort
ist nichts ihm zu verzeih'n.
Und lange bleibt es totenstill
als wäre nichts gescheh'n,
doch wer sich wiederfinden will,
muss in den Brunnen seh'n.
Nichts hat sich einfach aufgelöst
im Schacht dort zu vergeh'n,
und lauernd fast, als ob er döst,
sieht man den Brunnen steh'n.
Ist er ein Freund, ist er ein Feind,
geht beides Hand in Hand?
Seit Ewigkeiten, wie es scheint,
im Paradies er stand.
Er gibt dem Himmel seine Kraft,
der sich mit ihm verband,
der nicht belohnt und nicht bestraft,
den Frieden in sich fand.
(12.05.2022, überarbeitet 20.05.2022)