Im Sommer reift am Zwetschgenbaum
im violetten Kleid,
entwachsen einem Kindertraum,
die Frucht zur Erntezeit.
Gepflückt und in den Korb hinein,
wie Großmutter es tat,
auch nahm sie fort das Herz aus Stein
für eine neue Saat.
Schon liegt das Obst im Bett aus Mehl,
die Hefe macht es weich,
ein Hauch Zitrone noch ganz schnell,
ab geht's in Ofens Reich.
Wie finster ist es und wie heiß,
die Frucht wird weich gemacht,
das Hefebett, bald nicht mehr weiß,
entfaltet seine Pracht.
Der Ofen öffnet dann sein Tor,
erfüllt den Raum mit Duft,
der aus dem Dunklen steigt empor
und uns zum Kosten ruft.
Wie unschuldig hing einst die Frucht
an ihrem starken Ast,
doch wer den Kuchen hier versucht,
vergisst des Lebens Last.
Welch saftig frischer Hochgenuss,
der Teig so locker zart,
ein wenig Zimt darauf noch muss,
vom Vorjahr aufbewahrt.
Ich schließ' die Augen, schließ die Tür,
geb' dem Genuss mich hin.
Es scheint, als leb' ich nur dafür,
als sei's des Lebens Sinn…
(20.07.2022)