ein tag in der stadt

es ist sommer

in der stadt stehen

weihnachtsstände

auch wenn die zeit der

freudenfeste

vergangen ist...

mit offenem gesicht

in einer offenen stadt

da sie schon lange fehlt, die

l    u    f    t

zum atmen

mache ich mich auf

den langen marsch...

bahnfahren, einkaufen

nur erinnerungen, die ich

vergessen kann

doch habe ich hunger

der fast vergeht, als ich

all die maskierten menschen

warntafeln und roten pfeile

vor läden sehe, aus denen es

nach desinfektionsmitteln riecht

während sich ein leeres kinderkarussell

zu verzerrter musik

traurig-träge im kreise dreht...

ich ziehe die sonnenbrille auf

dass niemand die tränen sieht

versuche durchzuhalten, denn

ich habe noch zu tun

und bin es billionen

funktionsträgerzellen

schuldig, die sich zu mir

zusammenklumpen

und mir vertrauen

darunter wohl auch

ein zehntel viren-dns...

so kaufe ich eine currywurst

mit pommes, ketchup gibt's umsonst

eine taube fliegt heran

mit der ich mein essen teile

als eine zweite kommt, und so der

endlose kampf ums dasein beginnt...

ein anderes tier jedoch starb

unfreiwillig

um mir kraft zu geben

nur körperlich...

ich gehe zurück, sehe

frauen beim friseur

die schön sein wollen

für ihre märchenprinzen

während im

runtergekommenen

s-bahnhof eine

obdachlose

ganz ohne maske

den von männerurin

besudelten boden

ihres zuhauses

mit bloßen händen

reinigt...

es fängt an zu regnen

ganz leicht, doch ich

spüre jeden tropfen

auf ungeschützter haut

und fühle, dass ich noch

lebe...

 

 

(17.06.2020, überarbeitet 10.06.2021)