Заклинание

О, если правда, что в ночи,
Когда покоятся живые,
И с неба лунные лучи
Скользят на камни гробовые,
О, если правда, что тогда
Пустеют тихие могилы, —
Я тень зову, я жду Леилы:
Ко мне, мой друг, сюда, сюда!
 
Явись, возлюбленная тень,
Как ты была перед разлукой,
Бледна, хладна, как зимний день,
Искажена последней мукой.
Приди, как дальная звезда,
Как легкой звук иль дуновенье,
Иль как ужасное виденье,
Мне все равно, сюда! сюда!..
 
Зову тебя не для того,
Чтоб укорять людей, чья злоба
Убила друга моего,
Иль чтоб изведать тайны гроба,
Не для того, что иногда
Сомненьем мучусь… но, тоскуя,
Хочу сказать, что все люблю я,
Что все я твой: сюда, сюда!

Beschwörung

Oh, wenn tatsächlich in der Nacht,
Wo ruhig und leise alles Leben,
Der Himmel lässt sein Mondlicht sacht
Und schimmernd Grabgestein umschweben,
Oh, wenn tatsächlich es so wär',
Dass stille Gräber sich entleeren, -
So soll auch Leila wiederkehren:
Zur mir, Geliebte, komm doch her!
 
Geliebter Schatten, komme bald,
In gleicher Form, wie du gegangen,
Wie Winters Morgen, bleich und kalt,
In letzten Qualen noch gefangen.
Wie Sternlicht ströme von weither,
Als zarter Hauch, als schwaches Klingen,
Magst du als Geist auch Grauen bringen,
Ganz gleich, Geliebte, komm nur her!..
 
Doch ruf' ich dich nicht aus dem Grab,
Den schlechten Menschen zu belangen,
Der dir den Tod, Geliebte, gab,
Auch will ich Wissen nicht erlangen,
Nicht Zweifel plagen mich oft schwer,
Nur Sehnsucht fühle ich und Liebe,
Dass etwas nur von dir mir bliebe…
Ich bin ganz dein: Komm bitte her!
 
 
(02.10.2022)
 

Nachfolgend noch die gelungene Übertragung von Friedrich Fiedler (1859 - 1917):

 

 

Beschwörung
 
O, wenn es wahr ist, daß zur Nacht,
Wo friedlich schlummert alles Leben
Und nur die Mondesstrahlen sacht
Um Kreuz und Leichensteine weben -
O, wenn es wahr ist, daß herfür
Die Gräber ihre Toten lassen -
Dann möcht ich, Leila, dich umfassen!
Geliebte, komm! Zu mir, zu mir!
 
Erscheine, teure Huldgestalt,
Wie dich mein Auge sah beim Scheiden:
Bleich wie der Wintertag und kalt,
Entstellt das Angesicht von Leiden!
Komm in des Abendsternes Zier,
Als Harfenton, als Zephyrswehen,
Als Zerrbild gräßlich anzusehen -
Mir gilt es gleich! Zu mir! zu mir!
 
Ich rufe dich nicht, um das Grab
Nach seinen Rätseln zu befragen,
Den, der gebettet dich hinab,
Des schnöden Mordes anzuklagen,
Noch weil mich Zweifel martern. Dir
Nur will gestehn ich unter Thränen
Mein heißes, namenloses Sehnen -
Ich liebe dich! Zu mir, zu mir!