Ich hatte einen Freund - einen Widersacher; nicht beruflich, nicht dienstlich oder in Liebesdingen; doch unsere Ansichten stimmten in nichts überein, und jedes Mal, wenn wir uns trafen, entspann sich zwischen uns ein endloser Streit.

Wir stritten über alles; über die Kunst, über Religion, über Wissenschaft, über Irdisches und Jenseitiges - insbesondere über das Leben nach dem Tod.

Er war ein gläubiger Mensch und voller Begeisterung. Einmal sagte er mir:

- Du musst dich über alles lustig machen; doch sollte ich vor dir sterben, so werde ich dir aus dem Jenseits erscheinen... Wir werden sehen, ob du dann noch lachen wirst?

Und wahrlich, er starb vor mir, noch in jungen Jahren; doch es verging geraume Zeit - und ich vergaß sein Versprechen, seine Drohung.

Einmal, nachts, lag ich im Bett - und konnte, ja, wollte nicht schlafen.

Im Zimmer war es weder dunkel, noch hell; ich begann in das graue Halbdunkel zu starren.

Und plötzlich schien es mir, als stünde mein Widersacher zwischen den zwei Fenstern - und nickte traurig mit dem Kopf auf und ab.

Ich war nicht erschrocken - nicht einmal verwundert... aber begann, leicht auf die Ellbogen gestützt, die unerwartet aufgetauchte Figur noch eingehender zu betrachten.

Jene nickte weiter mit dem Kopf.

- Was? - gab ich endlich von mir. - Du triumphierst? Oder tut es dir leid? Was ist das: eine Warnung oder ein Vorwurf?... Oder willst du mir zu verstehen geben, dass du Unrecht hattest? Dass wir beide Unrecht hatten? Was fühlst du? Die Qual der Hölle vielleicht? Oder die Gnade des Himmels? Sag doch wenigstens ein Wort!

Doch mein Widersacher gab nicht einen Laut von sich - und nickte nur wie zuvor traurig und ergeben mit dem Kopf auf und ab.

Ich lachte laut auf... er verschwand.

 

 

(18.04.2021)